Als Erdwärme wird die in der Erde gespeicherte Wärme definiert. Diese kann durch den Menschen nur zu einem verhältnismäßig geringen Anteil genutzt werden, da die Temperaturen im Erdinneren für eine technische Nutzung zu hoch sind. 99 % der Erde sind heißer als 1000 °C und nur ein Tausendstel der Erdoberfläche – die obersten Kilometer der durchschnittlich 40 km dicken Erdkruste – sind kühler als 100 °C. Die Wärme im Erdinneren stammt zum Teil noch von der Zeit der Erdentstehung vor 4,6 Mrd. Jahren. Der überwiegende Teil der Wärme entsteht allerdings aus dem Zerfall der natürlichen Radioisotopen Uran, Thorium und Kalium in der Erdkruste. Durch den kontinuierlichen Wärmestrom vom heißen Erdkern (im Mittel 5000 °C) zur kühlen Erdoberfläche (ca. 14 °C) gelangt die Wärme an die Erdoberfläche und kann genutzt werden. Die von der Erde pro Quadratmeter abgegebene Leistung – der so genannte terrestrische Wärmestrom – beträgt durchschnittlich 65 mW/m². Dieser Wärmeverlust wird durch Wärmegewinn durch Sonneneinstrahlung bei weitem übertroffen – dieser beträgt in Mitteleuropa 1000 W/m². Die Temperatur der Erdoberfläche ist abhängig von der Sonneneinstrahlung, wobei der Einfluss der Sonne bis zu einer Tiefe von ca. 15 Metern begrenzt ist. Da der Boden allgemein eine schlechte Wärmeleitfähigkeit besitzt, ist ab dieser Tiefe kein Einfluss der Sonnenstrahlung mehr gegeben. Unterhalb dieser Grenze nimmt die Temperatur mit der Tiefe im Normalfall stetig zu. Der gleichmäßige Anstieg der Temperatur in der äußeren Erdkruste beträgt in Mitteleuropa durchschnittlich 3 °C/100 m und wird als geothermischer Gradient bezeichnet [1]. Aufgrund verschiedener geologischer Parameter, wie Gesteinseigenschaften und Geodynamik, kann sie je nach Region stark variieren. Entscheidend für das Ausmaß der Wärmeleitung vom Erdinneren sind die Wärmeleitfähigkeit(λ) und die spezifische Wärmekapazität(CP) des jeweiligen Gesteins. Festgesteine haben in der Regel eine höhere Wärmeleitfähigkeit und -speicherkapazität als Lockergesteine. So hat z.B. ein Granit ein λ von ca. 3,4 W/m K, trockener Sand hingegen ein λ von nur 0,4 W/m K [2] .
Eines vorweg: Die Begriffe "Geothermie" und "Erdwärme" sind für uns völlig gleichbedeutend.
Die Unterscheidung zwischen "Oberflächennaher" und "Tiefer" Geothermie kann anhand verschiedener Gesichtspunkte erfolgen. Einerseits kann die Unterscheidung anhand der Tiefe erfolgen: So ist in Österreich bin zu einer Tiefe von 300 m allein das Wasserrecht zuständig, für größere Bohrtiefen findet auch das Mineralrohstoffgesetz Anwendung. Diese Grenze ist rechtlicher, nicht technischer Natur. Andere Unterscheidungen orientieren sich wiederum an der Technik: Die Oberflächennahe Geothermie wird üblicherweise zur Beheizung bzw. Klimatisierung von Gebäuden in Kombination mit einer Wärmepumpe eingesetzt. Die Tiefe Geothermie hingegen kann aufgrund der höheren auftretenden Temperaturen auch direkt zur Balneologie (für Thermalbäder) oder zur Einspeisung in Fernwärmenetze eingesetzt werden. Dazwischen tut sich eine Lücke auf, diese wird mit dem Begriff der "mitteltiefen Geothermie" geschlossen.
Auch für die Begriffe tiefe und mitteltiefe Geothermie existiert derzeit keine international gültige Definition, da sich die Begriffe häufig auf regionale Rahmenbedingungen - sowohl in Bezug auf
die rechtliche Situation, als auch auf die geologischen Gegebenheiten - etabliert haben. In Österreich wird als tiefe bzw. mitteltiefe Geothermie die Nutzung der Wärmeenergie aus Erdschichten in
Tiefen ab 300 m unter der Erdoberfläche bezeichnet. Dies resultiert aus dem Umstand, dass Bohrungen tiefer 300 m in Österreich dem Mineralrohstoffgesetz unterliegen. Das Mineralrohstoffgesetz
regelt das Niederbringen der Bohrung, nicht jedoch die geothermische Nutzung. Je nach Art der Nutzung sind gewerberechtliche, baurechtliche und energierechtliche Genehmigungen auf regionaler und
nationaler Ebene erforderlich.
Die tiefe bzw. mitteltiefe Geothermie unterscheidet, wie auch die oberflächennahen Geothermie, zwischen offenen und geschlossenen Systemen zur Erdwärmenutzung. Offene Systeme fördern Heißwasser
aus dem Untergrund zur energetischen bzw. thermischen Nutzung und reinjizieren das genutzte, abgekühlte Wasser mittels Dubletten oder Multiplettenbohrungen wieder zurück in die
Gesteinsformationen. Geschlossene Systeme bezeichnen tiefe Erdwärmesonden, bei denen ein Wärmeträgermedium im Bohrloch zirkuliert. Durch die erhöhte Temperatur des Umgebungsgesteins erwärmt sich
das Wärmeträgermedium, welches an der Oberfläche für thermische Anwendungen genutzt werden kann.
Die mitteltiefe Geothermie bezieht sich in etwa auf eine Tiefe von 300 - 1500 m unter der Erdoberfläche, wobei Temperaturen von etwa 20 bis 60 °C vorherrschen. Diese Temperaturen reichen für
viele Anwendungen wie industrielle Nutzungen oder zur Einspeisung in Fernwärmenetze nicht aus, um ohne Wärmepumpen genutzt zu werden. Es zeichnet sich jedoch ab, dass die Entwicklung von
"Hochtemperaturwärmepumpen" (Wärmepumpen die Temperaturen auch oberhalb von 50 °C im Eingang verarbeiten können) diesen Zweig der Geothermie für den Wärmemarkt erschließen kann.
Die tiefe Geothermie umfasst in der Regel Systeme, bei denen heißes Wasser über Tiefbohrungen unterhalb von etwa 1500 m unter der Erdoberfläche erschlossen wird und dessen Energieinhalt direkt,
also ohne Niveauanhebung mittels Wärmepumpe, genutzt werden kann. Übersteigt die Temperatur des Wassers in etwa 115 °C, kann die tiefe Geothermie nicht nur für den Wärmemarkt, sondern auch zur
Stromerzeugung genutzt werden.
Anwendungen der tiefen bzw. mitteltiefen Geothermie finden sich auch in Kombination mit dem balneologischen Bereich (z.B. Therme Oberlaa), wo das geförderte Wasser sowohl für Bade- als auch
Heizanwendungen genutzt wird.
Grundsätzlich lassen sich die technisch nutzbaren Erdwärmevorkommen in oberflächennahe Vorkommen und in Vorkommen des tiefen Untergrunds unterscheiden. Die oberflächennahe oder seichte Erdwärmenutzung erstreckt sich bis zu einer Tiefe von etwa 300 Metern, wobei die meisten Anlagen nicht tiefer als 200 Meter reichen. Diese Anlagen sind technisch ausgereift und einfach herzustellen, der eventuell erforderliche Aufwand für eine Bewilligung ist gering. Um die Energie aus dem seichten Untergrund für Heizzwecke nutzbar zu machen, ist der Einsatz einer Wärmepumpe notwendig, um das Temperaturniveau zu erhöhen. Die Nutzung der oberflächennah verfügbaren geothermischen Energie mittels Wärmepumpen gewinnt bei privaten wie gewerblichen Bauvorhaben in Österreich zunehmend an Bedeutung. Sie stellt eine ressourcenschonende, emissionsfreie und damit umweltfreundliche und ökonomisch vorteilhafte Alternative zu konventionellen Heizungsanlagen dar. Die Nutzung der oberflächennahen Erdwärme erfolgt über ein Wärmetauschersystem; je nach Situierung und genutztem Medium (Erdreich oder Grundwasser) sind folgende Systeme möglich:
Bei der Nutzung des Grundwassers wird Grundwasser über einen Brunnen entnommen und direkt der Wärmepumpe zugeführt. Diese entnimmt dem Wasser Energie und kühlt es dabei um etwa 5 °C ab. Das abgekühlte Wasser wird danach wieder über einen Schluckbrunnen in den Boden zurückgeführt. ad b bis d): Bei allen Systemen, die das Erdreich als Wärmequelle verwenden, wird dabei ein Rohrsystem aus Kunststoff, meist Polyethylen (PE), im Erdreich verlegt. In diesem Rohrsystem fließt ein Wasser-Frostschutzmittel-Gemisch, welches in Folge als Sole bezeichnet wird. Diese Sole ist einige Grad Celsius kühler als das Erdreich, und nimmt daher die Energie aus dem Erdreich auf und transportiert diese zur Wärmepumpe.
[aus: Erdwärme! voraus, die Erde als Energiequelle. Technologieleitfaden Erdwärme, Stadt Wien Energieplanung]
Eine klassische Wärmepumpe nutzt das Prinzip der Kompressionswärme um die Umgebungswärme (aus Boden, Grundwasser, Luft) zu "veredeln" und auf ein nutzbares Temperaturniveau zu bringen. Dafür benötigt die Wärmepumpe (in erster Linie der Kompressor) Strom als Antriebsenergie. Die typische Quelltemperatur für die Wärmepumpe liegt zwischen 0 – 5 °C bei Erdwärmesonden und 10 – 15 °C bei der Nutzung von Grundwasser. Bei Fußbodenheizungen wird ein Temperaturbereich zwischen 25 – 35 °C, bei Warmwasser zwischen 45 – 60 °C angestrebt. Das Verhältnis zwischen der Wärme die dem Gebäude zur Verfügung gestellt wird und dem vom Wärmepumpensystem benötigten Strom nennt sich Leistungszahl oder, wenn er über die komplette Saison errechnet wird Jahresarbeitszahl. Die Leistungszahl hängt stark von dem Temperaturniveau der Wärmequelle und der Wärmesenke ab: je kleiner der Temperaturunterschied zwischen dem genutzten Untergrund und der für das Gebäude geforderten Temperatur ist, umso kleiner ist der Stromverbrauch im Wärmepumpensystem um die Temperatur der Wärmequelle anzuheben und umso höher ist die Effizienz des Systems.
Die Anwesenheit der Erdwärme ist bei uns in Mitteleuropa nicht so eindrücklich und anschaulich wie zum Beispiel in Island (im Bild ist der Geysir Strokkur zu sehen), aber dennoch nutzbar. Um jedoch, beispielsweise zur Stromproduktion oder zur Einspeisung in Fernwärmenetze, genügend heißes Wasser anzutreffen muss in Mitteleuropa in große Tiefen (> 3 km) gebohrt werden. Dort befindet sich das Wasser in porösen oder geklüfteten Gesteinsschichten und steht unter hohem Druck, sodass es auch bei Temperaturen über 100 °C noch flüssig bleibt. Wird es dann an die Oberfläche gefördert sinkt der Umgebungsdruck und es kann über eine Dampfturbine zur Stromproduktion eingesetzt werden. Mithilfe des ORC oder des Kalina Verfahrens kann auch aus Thermalwässern mit unter 100, bis etwa 80 °C Strom gewonnen werden.
Deutlich effizienter ist es aber die Wärme direkt zu nutzen um etwa in das Fernwärmenetz einzuspeisen. In, oder besser unter Wien gibt es zwei potenzielle Heißwasservorkommen, die derzeit von einer Forschungsgruppe unter der Leitung der Wien Energie im Rahmen des Projekts GeoTiefWien untersucht werden.